(Spoiler/Etappenhöhepunkt: Shan – „All-Inclusive“)
Raus aus dem Flieger und – BAM!!! Ein Hitzeschock. Langärmlig und mit der Winterjacke aus dem winterlichen Deutschland (Dresden) kommend, zogen wir, gequält und gepeinigt durch Hitze und Schwüle, in einer Schlange weiterer Einreisender vom Rollfeld hin zur Zoll- und Einreisebehörde von St.Lucia. Vorm Eintritt des Gebäudes stand ein Musiker und trommelte auf seiner Metalltrommel karibische(?) Reggae-artige Musik. Diese Begrüßung verwandelte, zumidest bei mir, im gleichen Augenblick das eben noch gequälte Gesicht in ein Dauergrinsen. Mann, ist das eine Willkommenskultur (oder war dieser Typ auch ein Teil vom Jack organisierten Abholteam?).
Nach all dem Einreiseprozedere (sie wollten tatsächlich eine Adresse haben -> „Segeln“, „verschiedene Häfen“, „überall“ und „wir sind flexibel“ waren keine gültigen Angaben für das entsprechende Formular) kam dann die Orientierung auf dem Vorplatz. Was hatten die anderen Mitreisenden aus dem Flugzeug doch nur für ein Problem … welche Richtung, welcher Guide, welches Taxi? All dies blieb uns erspart. Wir mussten nur ein bekanntes Gesicht finden: Jacki.
Unter all den Einheimischen war Jacki, trotz seiner knackigen sommerlichen Bräune, leicht zu entdecken. Und während alle anderen um ein teures Taxi buhlten, warteten wir auf einen „Bekannten“ der uns zum Hafen fahren sollte. Die erste Fuhre am Hafen ausladend, deutete dieser „Bekannte“ auf einen Fischkutter und einen Jungen, der uns rüber aufs Boot bringen würde, und fuhr so dann zurück zum Flughafen um Jacki und den Rest von uns zu holen (7 Personen und 80kg Gepäck gingen nicht in den kleinen 5-Sitzer). Die zehn, fünfzehn Warteminuten währenddessen waren dank „All Inclusive“ sehr kurzweilig und im Folgenden eine erste sehr aufschlussreiche Begegnung, die unsere erste Etappe in der Karibik kennzeichnen sollte. Er, zunächst als „Shan “ vorgestellt, erzählte mir etwas von seinem Fischerboot und seinem kleinen Bruder (der kleine ca 13 jährige Junge, der das Fischerboot im Hafen an die Kaimauer brachte), den er unter seine Fittiche nimmt und der noch etwas stärker werden müsste, seinen Träumen, seinem Business, seiner Strandbar und anderen Plänen die er hatte, … und dass wir uns morgen wieder sehen werden, er hat Fisch und Hühnchen für uns und falls wir irgendetwas brauchen, müssen wir ihn das nur wissen lassen. In diesem Zusammenhang viel immer wieder „All Inclusive“, wobei ich erst später Verstand, dass es scheinbar sein Spitzname ist.

Auf der „popucu“ ankommend, diese erkundend und in Beschlag nehmend (zumindest das steuerboard-seitige Unterdeck) verging der restliche halbe Tag recht schnell. Und auch der folgende (erste ganze) Tag in der Karibik war durchs Vor-Anker-Liegen in der Vieux Fort-Bucht gekennzeichnet. Am Vormittag waren wir mit „Stand-Up-Paddel“ und „Dingi“ an den nahen Strand geschwommen/gefahren. An diesem wurden gerade 3 Bambus-/Holzhütten errichtet. Zwei Männer – uns mit „hey my brother“ begrüßend – werkelten daran und erschufen eine zukünftige Strandbar. Von Norbert (einem 60 jährigen „eigentlichen Fischer“ , der etwas von einem 30 jährigen Athleten hatte) erfuhr man, dass sie hier seit Dezember das Ufer vom Gebüsch befreit haben, nun diese Hütten errichten und danach zunehmend Gäste begrüßen wollen. Über den Tag verteilt (wir waren wieder auf dem Boot) kam „All-Inclusive“ glaube ich noch 2-3 mal (wenn nicht sogar 5 mal) vorbei und fragte wie viel Fisch und Hühnchen wir am Abend haben wollen, und ob wir noch was anderes benötigen. Ich glaube er war nur furchtbar nervös wegen des Essens, dass er für uns zubereiten wollte.


So etwa 2 Stunden vorm Sonnenuntergang ging es dann wieder ans Ufer. Kurz danach kam auch schon „All-Inclusive“ mit seinem kleinen Bruder, dem Essen und einer großen Kühlbox. Das Essen hat er Zuhause selber vorbereitet und gekocht und als Nachtisch hatte er Bier, welches hier auf St. Lucia gebraut wird, und für die Kinder massig Eis organisiert. Während all der Unterhaltung – ich habe den Eindruck von einem tüchtigen, klugen und ehrlichen jungen Mann erhalten – hatte er (und viel mehr noch sein kleiner Bruder) stets ein Blick aufs Meer und sah sofort wenn ein Schiff auf die Bucht zukam – ein potentieller Gast dem er seine Dienste anbieten kann.


Am Dienstag nach dem Frühstück wurde der Anker gelichtet und das Segel gehisst. „All-Inclusive“ war natürlich schon längst mit seinem Boot unterwegs und klapperte alle Segelschiffe ab um zu fragen wie es einem geht. Auch uns. Neben „hello my friend“ ist die zweite Floskel die man in der Karibik hört „how are you“. Reagiert man auf ersteres hinreichend offen, zuvorkommend und kommunikativ, so ist die Steigerungsform bei weiteren Begegnungen dann „hello my brother“. In diesem falle wurde Jacki mit „hello my brother“ begrüßt. Die Bedeutung von „how are you“, manchmal auch „how can I help you“, ist eher als ein kontextabhängiger Ritus zu verstehen und erschließt sich einem erst durch die Mimik und Gestik des Gesprächspartners. Kommt z.B. jemand mit einem Fischerboot vorbei und bleibt dabei wartend stehen, so bedeutet es „brauchst du etwas?“. In unserem Falle wusste er ja bereits alles … auch dass wir heute die nächste Bucht ansteuern wollten und dass wir in 2 Wochen wieder abfliegen. „How are you“ war in diesem Falle also der Aufhänger eines Gespräches, um im Folgenden zu erfahren wie wir in zwei Wochen wieder zurück zum Flughafen kommen wollen und ob er uns dabei behilflich sein kann. Er kenne da jemanden, der uns günstig vom Hafen aus rüber bringen kann. Unsere dankende Ablehnung, da wir oben in Norden von St.Lucia an Land gehen wollten und damit 2 mal die ca 40km zum Flughafen in dem kleinen Auto vom Sonntag beanspruchen müssten, ließ er nicht gelten: das mit dem größeren Fahrzeug kann er organisieren und auch die längere Strecke ist kein Problem. Wir sollen ihn in 2 Wochen anrufen.
Mittlerweile Verstand ich, warum er „All-Inclusive“ genannt wird und wie umfangreich die Aufgaben eines „Bootjungen“ sein können (und ich dachte gestern noch, er ist „nur“ einer der uns kurz mal diese 50m vom Steg aufs Boot bringt).