Früh am Morgen verließen wir Dominica in Richtung Les Saintes. Eine kleine, malerische Inselgruppe südlich von Guadeloupe. Die ersten Sonnenstrahlen tauchten ins Meer, während wir die Angel auswarfen und den Motor starteten. Der Wind ließ sich Zeit. Eine Stunde tuckerten wir durch spiegelglattes Wasser, frühstückten unterwegs und dann füllten sich endlich die Segel mit Wind. Wir zogen endlich das Vorsegel heraus. Eine entspannte Fahrt bei 15 bis 18 Knoten.
Schon bald tauchte Terre-de-Haut auf, die Hauptinsel der Saintes. Malerisch, grün und von tiefblauem Wasser umgeben. Mit viel Glück ergatterten wir eine freie Boje. Was zu Ostern einem kleinen Wunder gleichkommt. Das Wasser war türkisfarben, die Insel begrüßte uns mit ihrem typisch französisch-karibischen Flair. Boulangerien, knatternde Mopeds, rote Ziegeldächer und fröhliches Stimmengewirr.
Eine Woche blieben wir hier und hätten ewig bleiben können. Mit einem Golfcart umrundeten wir die Insel, hielten an versteckten Buchten, ernteten Kokosnüsse am Wegesrand, fanden einen kleinen Traumstrand mit einer Süßwasserdusche unter einer Bananenstaude. Diese Entdeckung war so herrlich, dass wir zu Fuß und mit den Fahrrädern gleich noch ein zweites Mal zurückkehrten. So ein Luxus! Ewig langes, kühles Wasser über die Haut laufen lassen. Auf dem Boot undenkbar. 😂
Die Kinder fuhren begeistert mit Inlinern durch das Dorf, schnell hatten sie neue Spielkameraden gefunden. Auch für uns Erwachsene gab es tolle und interessante Eindrücke. Einer davon: Der Besuch des Fort Napoléon, einer alten Festungsanlage hoch über dem Meer.
Das Fort stammt aus dem 19. Jahrhundert und wurde nie in einer Schlacht eingesetzt. Vielleicht auch deshalb ist es heute so gut erhalten. Neben einem spannenden Museum zur Geschichte der Inseln und zur Seefahrt lockt vor allem eins: der Ausblick. In alle Richtungen liegt die Karibik zu Füßen, das Wasser glitzert, die umliegenden Inseln wirken zum Greifen nah. Es war einer dieser stillen, perfekten Momente und Postkarten Landschaften der Karibik.
Am Ostersonntag zog es uns in die kleine Kirche im Ortszentrum. Ein bewegender Gottesdienst mit karibischen Gesängen, Rhythmus und Herzlichkeit. Ganz anders als bei uns zu Hause, und doch tief spirituell.
Neben alten Bekannten, Seglerfreunde, die wir unterwegs schon mehrfach getroffen hatten, lernten wir auch neue Familien kennen. Die Community auf dem Wasser wächst, und jede Begegnung ist ein Puzzlestück mehr im großen Abenteuer dieser Reise. 😀
Nach über einer Woche hieß es Abschied nehmen von den Saintes. Aber nicht ohne das Versprechen, nach der Hurrikansaison wiederzukommen.
Die See war freundlich, der Wind schwach, aber ausreichend für eine entspannte Überfahrt Richtung Le Gosier, einem Vorort von Pointe-à-Pitre auf der Hauptinsel Guadeloupe. Vor der Küste liegt das Îlet du Gosier, eine winzige Insel mit weißem Sandstrand, Palmen, einem charmanten Leuchtturm und zu unserer Überraschung, einem sportlich aktiven Karibikleben. Jeden Morgen gegen sechs Uhr trainierten Einheimische im Wasser, schwammen Bahnen, machten aerobic, lachten und hatten die absolut größte Freude. Und es waren vieeeele und jeden Alters. 🙂 So halten sich die Menschen in der Karibik also fit und jung… 😉
Was uns jedoch auffiel und in dieser Intensität bisher unbekannt war, war das Seegras. Dichte Teppiche umgaben unser Boot, braune Schwaden, die sich langsam durch das türkisfarbene Wasser zogen. Auch unsere Freunde an der Westküste berichteten Ähnliches. Ein unübersehbares Zeichen des Klimawandels, das nicht nur das ökologische Gleichgewicht belastet, sondern auch das Leben in der Karibik zunehmend beeinflusst.
Nach drei Tagen wollten wir weiter. Der Anker sollte hoch, doch die Ankerwinde machte schlapp. Ein leises Klicken, sonst nichts. Kein Surren, kein Drehen. Also hieß es alles aufmachen, vom 20 Jahre angesammelten Salz säubern und belesen. Leider wurde der Fehler nicht gefunden und es ging an unsere Muskelkraft statt Elektrik. Kette für Kette holten wir den Anker manuell hoch. Anstrengend und doch machbar. „Tschakkaaaa!“.
Nur eine halbe Stunde weiter: Pointe-à-Pitre, die geschäftige Stadt an der Küste Guadeloupes. Im großen Naturhafen liegen viele Bojen aus. Wir entschieden uns für eine, um kein Risiko mit der Ankerwinde einzugehen. Hier trafen wir auf die Crew der SV Endless Summer, eine deutsch-österreichische Familie, die seit zwei Monaten hier festsitzt. Mit ihnen verbrachten wir entspannte Stunden am Strand. Und: Jakob und Christian schafften es, unsere Ankerwinde zu reparieren! Der Fehler? Ein simpler Wackelkontakt. Unsere Erleichterung war riesig. Hatten wir doch schon überlegt, ob ein kompletter Austausch nötig sei.
Pointe-à-Pitre war nicht nur Ort der Begegnung, sondern auch eine Planungsstation.
Die Hurrikansaison steht bevor. Offiziell von Anfang Juni bis Ende November. Segler aus aller Welt stehen dann vor einer Entscheidung: Norden (USA), Westen (Kolumbien, ABC-Inseln) oder Süden (Grenada, Trinidad).
Wir haben für uns eine bewusste Entscheidung getroffen. Keine Pazifiküberquerung. Mit nur zwei Jahren Zeit wollen wir nicht hetzen, keine Länder auf einer Liste abhaken, nur um sagen zu können: “ Da waren wir alles!”. Stattdessen bewusst reisen, länger an Orten bleiben, Menschen kennenlernen, Lebensweisen verstehen. Deshalb bleiben wir ein weiteres Jahr in der östlichen Karibik und nehmen uns Zeit für alles nördlich von Guadeloupe. Vielleicht bis zu den Bahamas?
Aber erstmal wurde auf Guadeloupe schon für unsere geplanten Bootsarbeiten im Juli in Trinidad aufgestockt. Antifouling Farbe, Ersatzteile und anderes Zubehör besorgt. Auch ein Zahnarztbesuch war angesagt.
Dann kam der Rückzug in den Süden. Als erstes, zurück auf eine unserer aktuellen Lieblingsinseln: Terre-de-Haut.
Der Wind? Wie vorhergesagt: nicht vorhanden. Wir motorten die gesamte Strecke zurück. Aber das Meer belohnte uns. Ein Barrakuda biss an, wir holten ihn voller Freude an Bord. Der Ozean weiß, wie man uns glücklich macht. 😋
Doch nicht alles lief reibungslos: Kurz vor der Ankunft bemerkten wir weißen Rauch, der steuerbordseitig aus dem Auspuff austrat. Kein gutes Zeichen. Sofort schalteten wir den Motor aus. Ein mulmiges Gefühl, denn weißer Rauch kann auf Probleme mit der Kühlung oder sogar auf eindringendes Wasser im Motor hinweisen. Nur zum Festmachen an der Boje starteten wir den Motor noch einmal kurz und entschieden, diesem Thema dringend nachzugehen. Denn solche Warnzeichen darf man nicht ignorieren. Der Motor ist unser Sicherheitsnetz. Besonders an windstillen Tagen wie diesem.
Zurück auf Terre-de-Haut war es trotzdem wie ein kleines Heimkommen. Die Insel begrüßte uns mit ihrer gewohnten Wärme und Gelassenheit. Und bald schon stießen unsere Freunde der SV Carinya zu uns. Gemeinsam wollen wir weiterziehen, Richtung Süden: Martinique, St. Lucia, Bequia, die Grenadinen. Doch davon erzählen wir euch das nächste Mal, denn die Reise ist noch lange nicht zu Ende. 👏 Hač do bórze!
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