Dominica 11.04. – 18.04.

Dominica 11.04. – 18.04.

Unsere Reise von Martinique nach Dominica begann in aller Frühe in Saint-Pierre. Noch im Windschatten der Insel starten wir gemütlich, doch kaum verlassen wir die schützende Küste, frischt der Wind auf: 15 bis 20 Knoten, die Wellen moderat, aber von der Seite kommend. Es rüttelt hin und wieder, doch insgesamt erleben wir eine wunderbar angenehme Überfahrt nach Roseau, der Hauptstadt von Dominica.

Kaum angekommen, geht Jakob direkt an Land, um uns einklarieren. Ein fester Bestandteil jeder Inselüberfahrt in der Karibik. Für alle Nichtsegler: Einklarieren bedeutet, dass man sich offiziell beim Zoll, bei der Immigration und ggf. bei weiteren Behörden anmeldet. Jedes Land in der Karibik (ja, wirklich jedes!) hat dabei seine eigenen Regeln und Zeitfenster. In Dominica muss das am Ankunftstag erledigt werden, spätestens vor Schließung der Büros. Jakob erledigt das routiniert: Pass- und Bootsdokumente abgeben, Crewliste ausfüllen, eventuell eine Gebühr zahlen und schon ist das Boot wieder ganz offiziell im neuen Inselstaat „angekommen“.

Währenddessen blieben die Mädels und ich an Bord. Wir machten es uns gemütlich und verarbeiteten unsere kleine Mango-Ernte in pures Gold. Mangomus und selbstgemachtes Mango-Eis. Das Leben kann so einfach und lecker sein.


Doch Roseau überzeugt uns ehrlich gesagt nicht. Die Stadt wirkt etwas müde, laut, wenig einladend. Kein Ort, an dem wir länger bleiben wollen. Also fällt die Entscheidung des Familienrates schnell: Am nächsten Morgen segeln wir weiter, direkt nach Portsmouth im Norden.
Unter Segel laufen wir aus Roseau aus, die Sonne im Rücken und der Kurs klar vor Augen. Der Wind ist böig, wir messen in den Spitzen bis 22 Knoten. Wir sind froh, gleich im ersten Reff im Großsegel gestartet zu sein. Auch die Genua rollen wir nach der ersten größeren Böe ins Reff. Sicher ist sicher. Ab da wird es ein echter Traumtag auf See. Im Schatten der Insel sind die Wellen ruhiger und der Kurs liegt perfekt.

Dominica gilt als eine der ursprünglichsten Inseln der Kleinen Antillen. Kein Massentourismus, keine Hotelburgen. Dafür üppige Regenwälder, Vulkane, heiße Quellen und wilde Flüsse. Die Menschen hier leben oft noch sehr einfach, viele betreiben kleine Landwirtschaft. Strom und Wasser sind nicht überall selbstverständlich. Gerade deshalb begegnet man hier oft einer tiefen Verbundenheit zur Natur und einer bewundernswerten Lebensfreude trotz einfacher Umstände.

Nach dem entspannten Segeltag erreichen wir die Prince Rupert Bay. Das Wasser ist ruhig, die Kulisse grün und üppig. Portsmouth begrüßt uns mit karibischer Gelassenheit. Und wir tauchen direkt ein in eine Welt, in der gefühlt jeder Grashalm entweder heilend oder essbar ist.

Kaum haben wir eine Boje genommen, kommen sie auch schon: die Bootsjungen von Portsmouth. In kleinen Dinghys steuern sie jedes neu angekommene Boot an. Freundlich, hilfsbereit und meist mit einem Lächeln auf den Lippen. Manche bieten frisches Obst und Gemüse an, andere verkaufen selbstgebackenes Brot, Bananenkuchen oder Fisch. Wieder andere vermitteln Touren, Ausflüge oder Taxifahrten, und einige helfen auch beim Bojenservice oder bringen Wasser und Diesel.
Was für den einen etwas zu viel Trubel ist, ist für den anderen Teil des karibischen Charmes: ein schwimmender Markt, direkt ans Cockpit geliefert. Die Angebote sind meist ehrlich und die Jungs gehören zur gut organisierten Portsmouth Association of Yacht Security (PAYS). Sie achten nicht nur auf Ordnung in der Bucht, sondern bieten auch Nachtwache-Dienste und geführte Aktivitäten an. Wer öfter in der Karibik unterwegs ist, kennt dieses bunte Schauspiel aus vielen Buchten: In Bequia, Union Island, Dominica, St. Lucia und Co. ist es ganz normal, dass ein Boot nicht lange unbemerkt bleibt.

Unser Guide Alexis, ein echtes Original mit unendlich viel Wissen über Flora, Fauna und Geschichte Dominicas, nimmt uns mit auf eine Tour über den mystischen Indian River. Gerudert wird ganz leise, denn hier sind Motoren verboten. Die Atmosphäre ist zauberhaft: dichtes Wurzelgeflecht, spiegelglattes Wasser, Vogelstimmen, Palmen über uns. Wie im Dschungelbuch, nur echter.
Ein Highlight der Tour: Die alte Holz-Hexenhütte aus „Fluch der Karibik“, gut versteckt zwischen Mangroven und Lianen. Die Filmcrew hat hier Szenen mit Calypso gedreht. Der Voodoo-Priesterin, die in einem verwunschenen Sumpf lebt. Und ja, es fühlt sich tatsächlich ein bisschen magisch an.
Nach der Flusstour geht’s weiter, zu Fuß durch grüne Gassen, vorbei an blühenden Sträuchern, wilden Ziegen und würzig duftenden Pflanzen. Alexis zeigt uns auf dem Weg Gewürze und Heilpflanzen: von Zimt und Muskat über Kurkuma, Zitronengras, Ingwer, Nelken, Bay Leaf, bis zu Wurzeln, die gegen fast alles helfen sollen. Ein wahres Natur-Apotheken-Paradies!
Unser Ziel: der kleine Garten eines Einheimischen, irgendwo im Hinterland. Keine Schilder, kein Eintritt. Einfach ein freundlicher Mann mit einem Stück Land voller Wunder: Ananas, Mango, Papaya, Guave, Sternfrucht, Soursop (Stachelannone), Zuckerrohr, Passionsfrucht, Bananen, Breadfruit, Cacao, Kokosnüsse… Alles wächst durcheinander, wild, aber gepflegt. Wir dürfen probieren, schnuppern und ernten.

Am nächsten Tag machen wir einen Ausflug zu den Syndicate Falls, mitten im Regenwald des Morne Diablotin Nationalparks. Nach einer kleinen Wanderung durch dichte Vegetation, begleitet von Vogelgezwitscher und Baumriesen, stehen wir vor einem echten Naturwunder: ein hoher Wasserfall, eingebettet in grünem Dschungel, stürzt in ein klares, kühles Becken. Schuhe aus, rein da!
Das Baden unter dem Wasserfall ist unbeschreiblich. Kraftvoll, erfrischend, komplett abgekoppelt vom Rest der Welt. 

Wer an der Karibik nur an Rum denkt, kennt noch nicht die Schokolade von Pointe Baptiste probiert. Die kleine Schokoladenmanufaktur liegt auf einer Klippe im Norden der Insel.
Hier wird in echter Handarbeit produziert. Vom Kakaobaum bis zur Tafel. Es gibt spannende Sorten wie Zimt, Ingwer, Orange, sogar Zitronengras. Wir probieren uns durch, kaufen natürlich viel zu viel und lassen uns vom Besitzer etwas über die Kakao-Fermentation und Röstung erzählen. Fair produziert, bio und voller Geschmack. Ein Muss für Naschkatzen mit Neugier.

Zum Abschluss zieht es uns noch nach Red Rocks, eine bizarr schöne Felslandschaft im Nordosten der Insel. Die Erde ist hier leuchtend rot, durchzogen von tiefen Rissen, Formen und kleinen Schluchten. Wie auf einem anderen Planeten. Der Kontrast zum tiefblauen Meer, das unter uns tobt, ist spektakulär.
Hier merkt man die vulkanische Herkunft der Insel ganz deutlich. Der Wind pfeift, die Sonne brennt, und wir sind einfach nur sprachlos. Kein Eintritt, keine Touristenmassen. Nur wir, Naturgewalt und ein weiter Blick.Dominica hat uns überrascht, mit seiner Echtheit, seiner wilden Schönheit und seiner Herzlichkeit. Es ist keine typische Badeinsel mit Cocktailservice am Liegestuhl. Sondern eine Insel für Entdecker, für Naturfreunde, für alle, die gern mit allen Sinnen reisen.
Anfangs dachten wir, wir bleiben länger auf dieser tollen Insel. Und doch zieht es uns innerlich weiter. Daher heißt unser nächstes Ziel: Guadeloupe.


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